auf Reise in Südamerika

mit Ute und Volker


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Spröde Schönheit

Erster Halt in Bolivien ist Copacabana am Titicacasee. Nur damit keine falschen Vorstellungen entstehen: Der Ort hat seinen Namen nicht nach dem weltberühmten Strand in Rio bekommen, sondern es ist genau umgekehrt. Weil dort am Strand in Rio eine Kapelle steht, die er Heiligen Jungfrau von Copacabana in Bolivien gewidmet ist, erhielt der Strand den Namen. Dass Copacabana Wallfahrtsort ist merkt man an der Kirche, die für den kleinen Ort überdimensioniert erscheint, aber an den Wallfahrtstagen wohl gefüllt wird.

Ursprünglich wollten wir von hier aus auf die Isla del Sol und dort eine kleine Wanderung unternehmen. Hier sollen die Inka von den Göttern auf die Erde gebracht worden sein. Die Insel soll sehr schön sein, mediterranen Charakter haben. Aber es stellt sich raus, dass die Anreise mit dem Schiff recht aufwändig ist und ein oder zwei Tage auf der Insel übernachtet werden muss. Nach langem Überlegen verzichten wir dann auf die Insel und spannen stattdessen aus, bevor wir uns nach La Paz aufmachen.

Der Weg dorthin ist nicht weit und führt nach kleineren Pässen über den Titicacasee. Ein kleiner Kahn, auf den gerade mal zwei Autos passen und der von einem Außenbordmotor angetrieben wird, bringt uns ans andere Ufer. Hartmut, den wir in La Paz wiedertreffen werden, vermutet, dass die Lastkähne nicht schneller fahren dürfen, damit der Wellengang sie nicht umkippt.

Gottseidank haben wir die Umleitungsempfehlung für La Paz und lassen uns vom Navi um die Altstadt herumführen. So kommen wir doch recht zügig ins Hotel Oberland, DEM Treffpunkt für Overlander hier in La Paz. Hartmut berichtet, dass er durch die Stadt gefahren ist, dafür vier Stunden gebraucht hat und bei den steilen Straßen hier irgendwann mit Reduktion im ersten Gang den Berg runterfuhr, nachdem die Bremsscheiben anfingen zu glühen. Das alles ist uns erspart geblieben.

La Paz selbst hat uns nicht sonderlich gefallen. Viel Mischmasch, wenig alte Bausubstanz, eine große Stadt mit wenig eigenem Charakter. Vielleicht war uns die Luft auch zu schlecht und die dauernden Steigungen zu viel – immerhin ist man hier auf ca. 3600 m unterwegs. Wir haben Vorräte aufgefüllt und versucht, den Blog mit Bildern anzureichern – was uns leider nicht gelungen ist. Und wir haben hier die Lagunen- und Salzsee-Tour gebucht. Nachdem wir von Belgiern erfahren hatten, dass sie dort nachts bis zu minus 20 Grad hatten, wollten wir es nicht darauf ankommen lassen, mit unserem Auto morgens nicht mehr starten zu können. Wir haben zwar eine Kraftstoff-Heizung, aber nachdem das Auto in dieser Höhe und bei Kälte trotzdem seine Probleme hatte, wollten wir es nicht auf die Spitze treiben. Zudem sollen die Wege zum Teil abenteuerlich sein, und schon wieder auf 60 km oder mehr im ersten Gang hatten wir keine Lust. Eine weise Entscheidung, wie sich später herausstellen sollte.

Im Hotel Oberland wird es zunächst mal recht eng, weil bis zu 7 Overlander hier Platz finden müssen. Der Vorteil ist, dass die Nachrichtenbörse bestens funktioniert. Wir bekommen Infos über die Lagunenroute, aber auch über Brasilien und unseren weiteren Weg. So können wir dann nach vier Tagen gut informiert unsere Weiterfahrt starten.

Nächstes Ziel ist Tupiza, dass wir in zwei, spätestens drei Tagen erreichen wollen. Es sind mehr als 800 km. Aber die Straße ist ausgesprochen gut, so dass wir den ersten Übernachtungsplatz auslassen und einen Platz nach Challapata am Stausee anpeilen. Ging auch deswegen so fix, weil die Strecke vorwiegend über den Altiplano führt, auf und ab, mit spärlichem Bewuchs, aber trotzdem nicht nur Lamas zu sehen sind, auch Kühe. Und immer wieder Felder mit Kartoffeln, Quinoa und manchmal auch Mais – bei bis zu 4.000 m Höhe.

Tags darauf geht es bis Potosí dann doch recht auf und ab, über mehrere Pässe und in vielen Kurven. Am Ojo del Inca, einem See, der von heißen Quellen gespeist wird, möchte Ute gerne ihren Rücken entspannen. Aber die äußerst unfreundliche Dame möchte schon Geld dafür, dass wir das Gelände überhaupt betreten haben, so dass wir dankend ablehnen. Jetzt steile 600 m hoch und wir sind in Potosí (liegt auf 4000 m) mit dem Cerro Rico. Aber heute nur als Durchfahrt, auf dem Rückweg wollen wir länger bleiben. Weiter dann, in stetigem Auf und Ab, fahren wir immer südlich bis Tupiza. Es wird zwar schon dunkel, aber wir erreichen das Refugio del Turista noch rechtzeitig. War ein langer Fahrtag, aber so haben wir noch einen ganzen Tag, um uns auf die Lagunenroute vorzubereiten.

Tupiza selbst ist ein recht quirliges Städtchen, das uns ganz gut gefällt. Auf dem Stadtplatz präsentieren sich verschiedene Schülergruppen, die zeigen, dass man den vielen Plastikmüll und die Plastikflaschen auch recyceln und anders nutzen kann.

Und dann geht es los. Morgens kurz nach acht werden wir abgeholt. Pauli, unser Fahrer, Edu, die Köchin sowie Pauline und Nicolas aus Frankreich im Landcruiser (Benziner). Bereits im Ort beginnt die rough road und führt dann durch eindrucksvolle rote Bergmassive, die Sillars. Bis zu den Lagunas geht es in stetem auf und ab, in kurvenreicher Strecke hoch und runter. Mittagspause in einer kleinen Ortschaft, Edu zaubert ein Mittagsmenü mit Suppe und Hauptgang. Und Nachtisch. Erste Nacht dann in einem Hostal – very basic. Ein Zimmer mit vier Betten, eng, natürlich keine Heizung. Abendessen im Vorraum, und es ist kalt. Es gibt mehrere Decken, wir haben zusätzlich zu unserem Schlafsack nochmals einen weiteren bei TupizaTour gemietet – und dann wird das alles über uns ausgebreitet. Morgens sind es 6 Grad, gefühlt aber bereits unter Null.

Gestern war viel Fahren angesagt, heute wird die Fahrt unterbrochen von diversen Sehenswürdigkeiten. Nach dem Eintritt in den Nationalpark – kostet stolze 150 Bolivianos pro Person, ca. 20 EUR – geht es vorbei am Cerro Colorado und an der Desierto de Dalí. Bei letzterer ist nicht klar wer Ideengeber war: Hat Dalí die Gegend besucht und dann seine Bilder gemalt oder wurde die Wüste nach den Bildern benannt.

Und dann bereits die ersten Lagunen, teilweise am Rand zugefroren. Bei manchen wird Salz oder Soda abgebaut, allerdings alles in Handarbeit. Eine Frau ruht sich gerade von der schweren Arbeit aus, als wir die Lagune besuchen. Am Rand stehen abgefüllte Säcke, keinerlei Maschinen, die bei der schweren Arbeit unterstützen könnten. An der Thermalquelle in Polques fahren wir zunächst vorbei, wir werden auf der Rückfahrt Rast machen. Weiter geht es zur Laguna Verde, nahe der chilenischen Grenze. Vor etwa fünf Monaten sind wir auf der chilenischen Seite, nur 15 Minuten von hier entfernt, entlang gefahren. Aber damals war ein Unwetter im Anmarsch und über der Laguna und dem Volcano Licancabur brauten sich Regen- und Hagelwolken zusammen. Wir sind etwas früh, so dass wir nicht mehr erleben, wie sich die Laguna um die Mittagszeit durch die Sonneneinstrahlung grün färbt. Schade, dass TupizaTour das Timing nicht besser hinbekommt. Zurück zur Thermalquelle, an der wir erst mal ein Bad nehmen. Wunderbar warm bei recht kalten Außentemperaturen. Nach dem Mittagessen dann weiter zu den Geysiren von Sol de la Mañana. Es brodelt und zischt wie in der Hexenküche, blubbert in den Schlammlöchern und spritzt Schwefel und Kalk in die Luft.

Die weitere Straße wird ziemlich ruppig und wir sind froh, dass wir nicht mit unserem schweren Auto gefahren sind. Wir hätten vermutlich vier mal so lange gebraucht, mal ganz abgesehen davon, dass wir bei den Minustemperaturen am Morgen eventuell nicht losgekommen wären und so wie andere erst mal mit Hilfe der Sonne den Motorblock aufwärmen hätten müssen.

Am späten Nachmittag erreichen wir dann die Laguna Colorada. Eine riesiger See, der sich uns in knalligem Rot zeigt. Mit vielen Flamingos, die mit ihren Schnäbeln durch die flache Lagune graben. Oben auf dem Parkplatz die ca. 15 Tour-Fahrzeuge. In der Hauptsaison stehen hier bis zu fünfzig Fahrzeuge. Also von beschaulicher Einsamkeit im bolivianischen Hochland kann hier keine Rede sein, auch jetzt nicht mehr. Ganz in der Nähe ist unser Hostal für die kommende Nacht. Diesmal zwei Zimmer, und während des Abendessens wird sogar ein kleiner Ofen angemacht, der allerdings allenfalls zwei Meter weit strahlt, wir merken nicht viel davon. Nachts dann draußen weit unter Null Grad, bei uns im Zimmer vier Grad plus.

Heute steht wieder viel Fahren an, denn die nächste Unterkunft ist dann direkt am Salar de Uyuni. Kurze Station am Arbol de Piedra, eine Fahrt durch eine enge Schlucht (Canyon del Inca) mit Viscachas, ein Wald von versteinerten Korallen. Das Altiplano war einmal ein Meer. Durch die pazifische Platte wurde der Boden bis auf die heutigen 4.000 m angehoben,so dass man heute versteinerte Korallen und Algen finden kann. Heute übernachten wir in einem Salzhotel, wobei damit lediglich gesagt ist, dass statt Adobeziegeln Salzblöcke als Baumaterial verwendet werden. Aber mit Dusche und Fernseher (Bolivien verliert gegen Chile im Copa America – oh weh), und nachts bei erträglichen Temperaturen.

Schon um fünf ist Aufstehen, um viertel vor sechs, noch bei völliger Dunkelheit und ohne Frühstück, fahren wir auf den Salzsee von Uyuni. Der Einstieg ist etwas schwierig, zum ersten Mal wird der Allrad eingeschaltet. Aber dann geht es rasant immer Richtung Norden, zur Isla Incahuasi. Wir erreichen sie noch vor Sonnenaufgang, so dass wir, nach flottem Anstieg, von oben über den gesamten Salzsee blicken können. Bis zum Horizont alles weiß, fast schon wie in der Antarktis. Nach einem Spaziergang über den Salzsee und Frühstück geht es dann Richtung Uyuni über den See. Nicht ohne einen Stopp, um die obligatorischen Fotos zu machen, bei denen durch das völlige Weiß die Entfernung verschwindet. Pauline und Nicolas knipsen was das Zeug hergibt, wir sind gespannt auf die Bilder. Eines auch von Volker und unserem Tourauto, dann geht es weiter zum Ausstieg bei Colchane, vorbei am neuen Salz-Denkmal zur Rallye Dakar, die auch dieses Jahr wieder am Uyuni-See entlangführte. (Die Südamerikaner sind mächtig stolz auf die Rallye Dakar). Ein letzter Stopp beim Eisenbahn-Friedhof in Uyuni, dann Mittagessen und die Tour ist zu Ende.

Wir fahren noch mit Pauli und Edu zurück nach Tupiza, nochmals fast sechs Stunden Fahrtzeit. Auch, weil wir unterwegs einen Platten haben und der Kühler nicht richtig arbeitet. Edu hatte uns erzählt, dass bei einer der letzten Touren der Kühler gekocht hatte und „explodiert“ sei. Das hält bei uns die Spannung hoch, ob uns dasselbe passiert. Aber Gottseidank hält alles, und wir erreichen bei Dunkelheit Tupiza und schlafen diese Nacht wieder in unseren eigenen „vier Wänden“.

Am kommenden Tag gönnen wir uns einen Ruhetag, auch weil es Sonntag ist und wir erst am Dienstag in Potosí das dortige Geldmuseum besuchen können. Erst mal alles wieder in Ordnung bringen, nochmals eine Runde durch die Stadt, Eis essen gehen. Dann fahren wir wieder zurück nach Potosí. Das Hostal Copacabana finden wir recht zügig, auch wenn die Straßen durch die Stadt abenteuerlich eng sind. Wir können auf dem abgeschlossenen Parkplatz übernachten. Am kommenden Tag besuchen wir zunächst das dortige Geldmuseum, viel Geschichte zum Silberabbau und der Münzprägung hier in Potosí. Danach ein kleiner Stadtrundgang, Blick von oben über die Stadt und den Cerro Rico. Auf die Besichtigung der Minen verzichten wir. Es geht zwei Stunden unter Tage, teilweise sind die Gänge so eng, dass man kriechen muss, und das ist uns dann doch zu unheimlich. Der Cerro Rico ist inzwischen so von Gängen durchzogen, dass man sich wundern muss, dass er nicht einbricht. Da müssen wir nicht dabei sein.

Diesmal ist es nur eine kürzere Etappe bis Sucre, und auch hier finden wir (dank Navi und ioverlander) den dortigen Campingplatz recht schnell. Zum ersten mal seit längerer Zeit, dass wir wieder andere Reisende treffen: Aus Brasilien, Österreich und ein deutsches Paar, das allerdings in einem Hostal übernachten muss. Ihr Auto ist in Potosí liegengeblieben. Später kommt noch eine französische Familie, so dass der kleine Platz brechend voll ist. Sucre ist eine schöne Stadt mit viel kolonialer Bausubstanz – und der Geburtsort Boliviens. Deshalb kann man im hiesigen Museum auch viel zu der Entstehung und dem Freiheitskampf sehen und hören. Aber auch der Rundgang durch die Stadt ist spannend und entspannend. Am letzten Abend dann gibt es noch brasilianisches Asado. David macht das ganz lecker.

Wir haben beschlossen auf Cochabamba zu verzichten und direkt nach Santa Cruz weiterzufahren. Irgendwie hatten wir genug von Städten. Allerdings sind wir noch unentschieden, welche Strecke wir nehmen. Die erste Hälfte ist asphaltiert, dann aber gibt es zwei Möglichkeiten. Am Abzweig entscheiden wir uns dann für die Erdstraße, sie sieht recht gut gepflegt aus. Allerdings trügt der Schein, wie wir nach ca. 20 km spüren müssen. Sie wird immer kurviger und vor allem staubiger. Stellenweise steht der Staub 10 cm hoch, und zunächst können wir die Löcher in der Straße nicht erkennen. Aber eigentlich kann man davon ausgehen, dass es immer welche hat, wo Staub liegt. Entsprechend langsam geht es vorwärts, mit einer Nacht neben der Straße, bevor wir auf die asphaltierte Straße von Cochabamba nach Santa Cruz kommen. Hier wird die Landschaft zunehmend grüner, zumal wir jetzt (endlich) wieder in tiefere Lagen kommen.

 

Wir würden noch gerne in den Nationalpark Amboro fahren, wenigstens für einen Tag oder eine Nacht. Allerdings ist das nicht so einfach. Eine Zufahrt ist so steil und voller Schlaglöcher, dass wir das mit unserem Auto nicht fahren können. Wir fahren ein kurzes Stück zurück zu einer Lagune (mit Hotel) und hoffen, hier eine Nacht stehen zu können und wenigstens einen kurzen Weg in den Nationalpark gehen zu können. Es handelt sich aber um ein nobles Golfhotel und für Camper ist hier kein Platz. Und Rundgang um den See nur mit Führer. Das ist uns dann doch zu kompliziert, also muss der Nationalpark ohne uns auskommen. Wir fahren weiter nach Santa Cruz.

Dort gestaltet sich die Stellplatzsuche erst mal als kleine Katastrophe. Die Freizeitanlage, die auch Campingplätze anbieten soll, hat das Angebot eingestellt. Also fahren wir zum zweiten Platz, das Hostal Pozazul . Die letzten Kilometer gehen durch tief zerfurchten Sandboden, und am Ende ist kein Hostal und keine Cabanas zu sehen. Niemand kennt das Hostal bzw. kann uns genaueres sagen. Wir versuchen es noch eine Weile, lassen uns zur Laguna Azul schicken – aber dabei handelt es sich nur um eine Wohnanlage. Bald wird es dunkel, also fahren wir wieder zurück zur Freizeitanlage und fragen dort, ob wir für eine Nacht auf dem Parkplatz stehen können. Mit viel Überredungskunst und für 300 Bolivianos für uns beide (ca. 40 Euro) dürfen wir bleiben. Wir können dann zwar am kommenden Tag die Freizeitanlage besuchen, finden das Ganze aber reichlich überteuert. Inzwischen ist es bereits dunkel, so dass wir wohl oder übel hierbleiben.

Am nächsten Tag dann wenigstens duschen und einmal ins dortige Schwimmbad. Auch wenn es die gesamte Nacht und heute morgen wie aus Kübeln schüttet, und das obwohl es jetzt Trockenzeit sein soll. Wir wollen auch noch in die Stadt und den Service für unser Auto machen. Santa Cruz steht unter Wasser, die erste der drei Autowerkstätten gibt es nicht mehr, bei der zweiten fehlen die nötigen Ersatzteile bzw. Filter. Wir haben das ja dabei, also sollte es dann doch gehen – nur um dann daran zu scheitern, dass die Werkstatteinfahrt zu niedrig ist. Also klappt es wieder nicht. Auf die dritte Werkstätte verzichten wir dann und fahren gleich zum Automobilclub Bolivien, wo wir dann relativ ruhig und ungestört die zweite verregnete Nacht verbringen können.

Nicht mit den besten Eindrücken von Santa Cruz geht es weiter. Wir wollen wenigstens zwei der Jesuiten-Missionen besuchen, die erste ist San Javier, nordöstlich von Santa Cruz. Aber zuvor müssen wir erst mal tanken. Das ist hier in Bolivien nicht so einfach, denn die Touristen sollen nicht vom subventionierten und billigen Treibstoff profitieren. Die Tankstellen müssen dann aber für Ausländer eigene Rechnungen ausstellen, was sie entweder nicht können oder nicht wollen. Bisher ging das immer unter der Hand, d.h. wir haben etwa den doppelten Preis bezahlt und der Tankwart hat einen ordentlichen Profit gemacht, weil er das ganze natürlich nicht abgerechnet hat. Aber hier im Osten Boliviens will man uns gleich bei mehreren Tankstellen auf einmal gar kein Diesel mehr verkaufen. So lange mussten wir bisher nie suchen, das nervt dann doch etwas.

Dann ein erster größerer Stau, ca. 10 km geht es stockend oder im Schritttempo weiter. Wie wir erfahren hat es kurz vorher ein „Bloqueo“, eine Straßensperre, gegeben, dann kommt noch eine Polizeikontrolle. Bei San Rafael dann ein weiterer Stau, ein weiterer „Bloqueo“. Aber wir haben Glück, nach nur einer halben Stunde geht es weiter. Dazu noch die Asphaltstraße, die immer löchriger wird. Wir schaffen es gerade noch bei Helligkeit unseren Übernachtungsplatz zu erreichen, etwas außerhalb von San Javier in einem Hostal. Schön gelegen, auch wenn die Anfahrt etwas ruppig war.

Dafür dass die Jesuiten-Missionen zum Weltkulturerbe zählen, sind sie touristisch noch schlecht erschlossen. Die Kirche kann besichtigt werden, ist spannend, und man erfährt einiges über diese Missionsstationen und das Wirken der Jesuiten. Allerdings ist die gesamte Anlage nicht erschlossen bzw. die Gebäude werden anderweitig genutzt. Auch in der Ortschaft selbst gibt es kaum Hinweise auf die Mission. Bis San Javier war die Straße in einigermaßen ordentlichem Zustand, die weitere Straße soll sehr schlecht sein. Deswegen fahren wir auch nicht weiter, sondern wieder zurück auf die asphaltierte Straße zur brasilianischen Grenze. Auch weil es fast ununterbrochen regnet, alle Straßen abseits der Asphaltstraße haben sich inzwischen in rote Schlammlöcher verwandelt, wir sehen Pickups, die bis zur Achse im Schlamm stecken, großen Landwirtschaftsmaschinen werden Ketten auf die Reifen montiert. Wir lernen: Bloß nicht abseits der asphaltierten Straße fahren!

Allerdings erwischt uns der „Bloqueo“ in San Rafael ein weiteres Mal. Diesmal müssen wir 1,5 Stunden warten, bis die Sperre für eine Stunde geöffnet wird. Blockiert wird, weil hier in San Rafael drei Frauen ermordet wurden und die Staatsanwaltschaft bzw. Polizei nach Ansicht der Bevölkerung nichts unternimmt. Es ist nicht zu erkennen, dass die Blockade daran irgendetwas ändern wird, aber wie sagte einer der Blockierer: „Hier in Bolivien werden die Probleme auf der Straße gelöst.“ Und die Bloqueos sind in Bolivien berühmt.

Mit einem Halt in Aguas Calientes, das leider etwas heruntergekommen ist, geht es dann zur brasilianischen Grenze. So halten wir die 30-Tage-Frist, die uns bei der Einreise bewilligt wurde, gerade so ein. Überall in Südamerika bekamen wir ein 90-Tage-Visum, nur hier in Bolivien nur 30 Tage. Man kann das zwar verlängern lassen, ist aber mit zusätzlich Zeit und Aufwand verbunden.

Insgesamt fanden wir, dass Bolivien das bisher schwierigste Land war, in dem wir unterwegs waren. Ein absolut wunderschönes Land, atemberaubende Landschaften, aber die Menschen empfanden wir als recht verschlossen, im östlichen Tiefland teilweise sogar als offen unfreundlich. Dazu die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Diesel und die Touristenpreise, die man überall zahlt (nicht nur für Nationalparks, Museen und Übernachtungen, sondern manchmal auch für Brot und Wasser). Auf der anderen Seite haben wir uns immer sehr sicher gefühlt, einfach weil sich niemand für uns interessiert hat, weder im positiven noch im negativen Sinn.

So gesehen freuen wir uns jetzt einfach auf Brasilien!