auf Reise in Südamerika

mit Ute und Volker


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Perfektion in Stein

Am 23. Mai haben wir Lima verlassen, am 10. Juni haben wir La Paz in Bolivien erreicht. Dazwischen liegen ereignisreiche und sehr schöne Wochen in Peru. Natürlich und vor allem Cuzco und die Inkas.

In Lima haben wir einige Freunde wiedergetroffen, die wir auf der Reise kennengelernt haben. So auch Sarah und Erdem, die wir in Ecuador getroffen hatten. Sie möchten für drei Monate in die Türkei und haben ihre Schwierigkeiten, die Aufenthaltserlaubnis für ihr Fahrzeug zu verlängern. Von Julie und Russ, zwei Amerikanern, die wir in Cuzco treffen, haben wir dann erfahren, dass sie es, in letzter Minute, geschafft haben. Sarah und Erdem haben uns auch erzählt, dass die Strecke nach Cuzco über Ayacucho zwar asphaltiert, aber ein ewiges Serp entinenfahren ist. Und die Strecke über Nazca sei auch sehr schön.

Also fahren wir, obwohl wir die Strecke kennen, nach Nazca, mit einem Zwischenaufenthalt in Paracas. In Nazca fahren wir noch kurz zum Cemeterio von Chauchillas, 15 km südlich von Nazca. Dort kann man viele gut erhaltene Mumien bestaunen, in den Gräbern, in denen sie gefunden wurden. Anbei eine kleine Auswahl für DSSM (Deutschland sucht die schönste Mumie). Bitte Stimme abgeben!

 

Und dann geht es in die Berge. Über den ersten Pass mit 4.400 m Höhe, wieder runter auf 2.300 m, dann wieder hoch und ca. 90 km auf einer Hochebene in 4.000 m. Hier sehen wir dann die lange gesuchten Kondore, und zwar gleich ca 20 Exemplare auf ein mal. Sie sitzen auf einer Wiese, es ist nicht erkennbar warum.

 

Dazwischen dann zwei größere Baustellen, bei denen die Straße für einige Zeit komplett gesperrt wird. Zuerst haben wir noch Glück, nur 10 Minuten Wartezeit, aber bei der zweiten Baustelle dann eine ganze Stunde. Wir haben schon befürchtet, dass wir unseren Übernachtungsplatz nicht erreichen und auf 4.000 m nächtigen müssen, aber auf der Hochebene geht es doch recht flott und wir schaffen es noch, wenn auch bereits bei Dunkelheit. Das Hotel Tampumayu hat viel Platz für unser Wohnmobil, und auf der Speisekarte stehen gebratene Forellen, die wir gleich probieren müssen.

Am kommenden Tag erreichen wir Cuzco und den Campingplatz Quinta Lala. Wir haben schon von anderen Overlandern erfahren, dass das Navi einen gerne in eine extrem steile Straße leitet, die zudem noch zwei scharfe Kurven hat. Die anderen Overlander kamen nicht weiter und ihr Auto ist dann sogar rückwärts ins Rutschen gekommen. Nur mit der Hilfe von Passanten konnten sie das Auto halten und dann langsam wieder rückwärts den Berg runter. Auch unser Navi führt uns mitten durch die Stadt, und dank der Aufmerksamkeit von Ute biegen wir auf besagter Straße rechtzeitig ab. Wir fahren dann zwar mitten durch die Altstadt, über den Hauptplatz, vorbei an der Kathedrale, aber wir finden dann die Zufahrt, die wir nehmen können. Zwar steil genug, aber für das Auto zu schaffen.

Quinta Lala ist sehr schön mit viel Grün, sehr nette Wirtsleute. Allerdings ist ein Klo mit Dusche für bis zu 20 Camper mehr als eine Zumutung. Aber auch die einzige Alternative in Cuzco. Hier treffen wir auch Hartmut wieder, den wir schon in Cuenca in Ecuador getroffen hatten. Inzwischen allein reisend, weil Marion bereits nach Deutschland vorausgereist ist. Später treffen wir auch noch Mariam und Willi, die wir von Lima kennen. Und am letzten Tag lernen wir Julie und Russ kennen, die wiederum Sarah und Erdem, Ivan, Melanie und Justin kennen, die wir auch alle schon getroffen haben. Die Overlander-Welt ist doch eine kleine Welt.

 

In den nächsten Tagen erkunden wir Cuzco und die nähere und weitere Umgebung. Und wir sind äußerst angetan. Hier sind die Spuren der Inkas überall zu finden und wir sind beeindruckt. Sowohl in Cuzco, wo die Inka-Relikte meist als Grundmauern zu sehen sind, die alten Bauten wurden abgetragen und die Steine von den Spaniern für ihre Kirchen und Bauwerke verwendet. Aber auch von den vielen weiteren Inka-Ruinen, die um Cuzco und im Valle Sagrado (heiliges Tal) zu finden sind. Beeindruckend ist natürlich die Genauigkeit, mit denen die Steine der Mauern passgenau gefertigt wurden, wir sind aber auch beeindruckt davon, wie harmonisch die Inkas ihre Anlagen in die Natur und Landschaft eingefügt haben. Und so besuchen wir Saqsaywaman, die Festungsanlage in Cuzco, die noch wuchtig wirkt. Besonders angetan aber haben es uns die Terrassenanlagen von Tipon, Pisaq Chincherro und Moray. Vor allem Pisaq ist gewaltig, die Terrassen ziehen sich den ganzen Berghang entlang. Leider müssen wir nach vermutlich 4/5 der Strecke zur Sonnenuhr abbrechen, da wir in Pisaq von einem plötzlichen Unwetter überrascht werden. Die ersten Regentropfen ignorieren wir, aber als es dann stärker wird und der Regen von heftigem Hagel abgelöst wird, ist der schmale Weg entlang des Berges mit steilen Abhängen doch zu gefährlich. Also auch hier in Cuzco sind wir vor El Nino nicht sicher!

Panorama Saqsaywaman

Natürlich müssen wir noch unseren Machu-Picchu-Besuch vorbereiten. Da man nicht mit dem Auto dorthin fahren kann, diskutieren wir mit den anderen Overlandern, wie sie angereist sind oder anreisen wollen. Glatter Wucher ist die Anreise mit dem Zug. Pro Person fallen da mindestens 120 USD für jeweils 42 km An- und Rückreise an. Die Alternative dazu ist Anfahrt mit dem Auto über ziemlich schlechte Straße, dann 2,5 Stunden Wandern bis nach Aguas Calientes/Machu Picchu Town. Und zwei Übernachtungen. Nach langem Hin und Her beschließen wir, dass wir dann doch mit dem Zug fahren. So können wir ohne Hektik an einem Tag anreisen, haben viel Zeit für Machu Picchu bis zum Sonnenuntergang, und können mit dem letzten Zug zurückfahren und in unserem eigenen Auto schlafen.

Nachdem das alles geklärt ist, besuchen wir auf der Anreise nach Ollantaytambo, von wo der Zug starten wird, noch Chincherro und die Salineras de Maras. Heiße Quellen lösen im Berg das mit vielen Mineralien angereicherte Salz und werden hier in unendlich viele Becken geleitet, die am Berghang bereits vor den Inkas angelegt wurden. Wie seit Jahrhunderten wird auch heute noch – hochwertiges – Salz gewonnen. Es ist mineralhaltiger als Meersalz. Drei Tage braucht es, bis das Wasser verdampft ist und die Salzkruste übrig bleibt. Bis zu zehnmal wird das Becken wieder gefüllt, dann wird geerntet, der Boden des Beckens wieder geglättet und verdichtet, und dann wieder die Sole eingeleitet. Wir dürfen hier auch übernachten, und nachdem die anderen Touristen weg sind, können wir das Auto sogar direkt über den Salzbecken hinstellen und können, ganz exklusiv, den Anblick weiß verkrusteter Becken genießen. Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang gehen wir nochmals runter und decken uns dann auf dem Rückweg mit 2 Kilo bestem Salz ein. Für schlappe 5,50 Euro.

Dann erreichen wir Ollantaytambo. Mehr durch Zufall stoßen wir auf den Parkplatz von IncaRail und können dort zwei Nächte kostenlos parken und übernachten. Wenige Meter vom Bahnhof entfernt. Zwar stören die dauernden Zugansagen und der viele Autoverkehr, aber letztendlich für uns eine gute Lösung. Und am nächsten Morgen, kurz nach 6 Uhr, geht es dann los.

Mit dem Zug brauchen wir für die 42 km dann 1,5 Stunden und sind knapp nach 8 Uhr in Aguas Calientes. Bis zum Eingang von Machu Picchu sind es 400 Höhenmeter, so dass wir es vorziehen, für den Weg nach oben den Bus zu nehmen. So sind wir eine halbe Stunde später am Eingang. Wir haben damit den Sonnenaufgang verpasst, aber der Himmel ist bewölkt, so dass es ein hinnehmbarer Verlust ist. Wir wollen den Menschenmassen aus dem Weg gehen, von denen ein Großteil bereits ab 12 Uhr wieder zurückgeht, da sie noch am gleichen Tag nach Cuzco zurückfahren. Also steigen wir erst etwa 350 Meter zum Sonnentor auf und haben einen herrlichen Blick über Machu Picchu und die schroffen Berge ringsum. Es ist die Lage, welche Machu Picchu so besonders macht. Hoch über dem Tal des Urubamba, und links und rechts steile, oben abgerundete Berggipfel mit senkrechten Flanken, die bis zu 1000 m abfallen.

Panorama Machu Picchu

Nachdem wir vom Sonnentor zurück sind, gehen wir nun zur Puente del Inka. Bereits der Weg dorthin geht an einer senkrechten Wand entlang, gottseidank breit genug und am Abgrund mit Büschen, so dass man nicht in die Tiefe sehen muss. Allerdings versperrt ein Lama den Weg, vorbei geht es nur auf der „Außenbahn“. Und dann sind wir dort. Die Brücke selbst ist in einer senkrechten glatten Felswand und besteht aus zwei Balken, die bei Gefahr weggezogen werden können, so dass dieser Weg unpassierbar ist. Vor allem nach der Brücke geht der weitere Weg entlang der glatten Wand, oben und unten mehrere hundert Meter. Die Inkas müssen völlig schwindelfrei gewesen sein. Allein vom Anblick der senkrechten Wand wird uns nach einiger Zeit etwas mulmig und wir treten lieber den Rückweg an.

Nach einer kleinen Pause führt der Weg nun hinunter in die Ruinen. Es ist zwar nicht leer, aber tatsächlich sind deutlich weniger Besucher da. Inzwischen ist auch die Sonne durchgedrungen. Wir durchstreifen die Anlage bis zum anderen Ende und dann langsam, durch das Handwerkerviertel, wieder zurück. Kurz vor vier Uhr ist der Rundgang beendet und wir haben genügend Zeit, um den Abstieg und Rückweg nach Aguas Calientes zu Fuß zu machen. 400 Höhenmeter Steintreppen, leider kein deutsches DIN-Maß, sondern hohe Stufen, anstrengend, obwohl es nach unten geht. Nach 1,5 Stunden ist das Ziel erreicht. Im „Indio Feliz“ dann leckeres Abendessen, bevor der Zug um 19 Uhr zurück nach Ollantaytambo fährt. Ein sehr beeindruckender Tag geht zu Ende.

Wir machen nochmals Halt in Quinta Lala in Cuzco, um zu duschen und am nächsten Tag wieder einzukaufen. Heute wird das Fest „Corpus Christi“ gefeiert. Die Heiligen der umliegenden Ortschaften von Cuzco wurden, teilweise seit einer Woche, vor die Kathedrale getragen. Mit viel Prunk, mit festlichen Trachten werden die Heiligen von mehr als 20 Männern im Rhythmus der mitgereisten Bands um den Platz getragen und dann in die Kathedrale gebracht. Tausende von Menschen beobachten das Spektakel und essen das Gericht des Tages: Schwein und vor allem Cuyo – Meerschweinchen.

Dann geht es weiter Richtung Titicacasee. Erster Stopp dann in wieder in (einem anderen Aguas Calientes, es gibt eben viele heiße Quellen in den Anden. Wir genießen das heiße Bad, die Temperatur und die Höhe schlauchen aber ganz schön. Lange lässt es sich in 4100 m Höhe nicht im heißen Wasser aushalten.

Kurz vor dem Titicacasee besuchen wir die Grabtürme von Sillustani. Die Colla und später die Inka bauten bis zu 8 Meter hohe Türme aus massiven Steinen und bestatteten hier höhere Würdenträger, obwohl die Bewohner zu dieser Zeit in einfachen Lehmziegelhäusern lebten. Wie auch bei anderen Kulturen in Südamerika üblich, wurden sie gleich samt Familie, Dienern, Nahrung und sonstigen Besitztümern begraben. Offensichtlich gibt es doch einen kulturellen Fortschritt. Freundlicherweise können wir auf dem Parkplatz übernachten. Und sind erstaunt, dass bei unserer Rückkehr vom Rundgang Hartmut, von dem wir uns in Cuzco verabschiedet hatten, ebenfalls dort ist. Auch die nächsten zwei Nächte werden wir gemeinsam verbringen.

Und dann haben wir ihn erreicht, den Titicacasee. Wir lassen Puno quasi links liegen, denn es ist bekannt dafür, dass Autos aufgebrochen werden. Unser Bedarf dazu ist bereits in Chile hinreichend gesättigt. 20 km weiter südlich in einem kleinen Ort am See finden wir einen Stellplatz. Wir müssen einen Umweg fahren, weil heute „Dia de las Banderas“ ist. Diverse Gruppen ziehen um den Marktplatz, beten vor den dort ausgelegten Blumenbildern und Heiligen, begleitet vom Pfarrer und in Trachten gekleideten Frauen und mit Schärpen behangenen Männern. An einem der Essensstände lassen wir uns eine frittierte Forelle mitgeben nebst diverser Sorten Kartoffeln und Choclo, einer Maissorte mit ziemlich großen Körnern.

Und dann ist der letzte Tag in Peru angebrochen. Nachdem uns die Strecke entlang der Küste nicht gut gefallen hatte waren wir ja mit gemischten Gefühlen zurückgekehrt. Aber insgesamt war die Fahrt durch das Hochland, sowohl im Norden als auch nun nach Cuzco und zum Titicacasee, sehr spannend, schön und interessant. Und entgegen einiger Meinungen haben wir die Peruaner als sehr freundlich, offen und wohlwollend erlebt. Und sind nur ein einziges Mal von der Polizei kontrolliert worden. Bei den meisten Polizeikontrollen wurden wir einfach durchgewunken.

Mit Halt in Copacabana sind wir nun in La Paz angekommen. Aber darüber dann im nächsten Blogbeitrag.